Psychiatrie & Machtmissbrauch

 

Bei Radikalliberalen wird die Psychiatrie wegen ihres oftmals autoritären Auftretens gegenüber als krank definierten Personen kritisiert. Hervorgetan hat sich damit insbesondere der liberale Denker und Psychiater Thomas Szasz. So berechtigt Szasz’ Kritik stellenweise auch sein mag, darf man nicht unterschlagen, dass die Psychiatrie zu den objektiven Wissenschaften gehört, die mit empirischen Methoden forscht. Sie hat im laufe der letzten Jahrzehnte eine Vielzahl potenter Verfahren und Medikamente entwickelt, die in ihrer Wirkung die klassischen psychotherapeutischen Verfahren um Längen schlägt.

 

Die Effektivität ihrer Instrumente stellt aber gleichzeitig eine Gefahr dar, denn was wirkt kann auch missbraucht werden. Somit müssen an die Integrität des Berufsstandes der Psychiater besondere Maßstäbe angelegt werden, denn aufgrund ihrer Macht ist das Potential zu schaden ungefähr gleich stark dem Potential zu nutzen. Diese Entsprechung von Effektivität bzw. Kompetenz und moralischem Risiko ist grundsätzlich bei allen Technologien und Berufsgruppen gegeben. Wirklich risikolos sind hingegen nur die ineffektiven Verfahren. Bei ihnen macht es schlicht und einfach nichts aus, ob der Anwender gute Absichten hegt oder nicht.